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Neues Zeitalter eingeleitet

Montag, 8. April 2024
 
Die Wunden des zweiten Weltkriegs waren noch nicht ganz verheilt, die Schäden der Bombenangriffe noch nicht alle beseitigt, da beschloss der Innsbrucker Gemeinderat im Jahr 1951, eine Bewerbung für die Olympischen Winterspiele 1960 abzugeben. Eine mutige Entscheidung, doch Aufbruchstimmung und Sehnsucht, international wieder positiv in Erscheinung zu treten, überwogen. Dementsprechend groß war die Enttäuschung, als die Wahl auf Squaw Valley (USA) fiel und Innsbruck das Nachsehen hatte.
 
Aber die Verantwortlichen ließen sich von dieser Niederlage nicht unterkriegen und stellten Jahre später erneut einen Antrag für die Winterspiele – diesmal mit Erfolg. Denn Innsbruck setzte sich bei der 55. Session des Internationalen Olympischen Komitees am 26. Mai 1959 in München in nur einer Wahlrunde gegen Calgary und Lahti durch. Letztere schieden aus, da sie die notwendigen Bedingungen nicht komplett erfüllen konnten. Unter dem Motto eines bescheidenen Ansatzes, der dem Gigantismus anderer Spiele entgegenwirken sollte, begannen die Vorbereitungen.
 

MEDAILLENSPIEGEL

4
GOLD
5
SILBER
3
BRONZE

 
Logo Innsbruck 1964

Key Facts Innsbruck 1964

Zeitraum29.01.1964 - 09.02.1964
Sportarten6
Nationen36
Athlet:innen aus Ö.83 (W: 14, M: 69)
Athlet:innen gesamt1.091
 
Dabei wurde recht rasch klar, dass die Anforderungen des Internationalen Olympischen Komitees eine gewisse Expansion der Infrastruktur unumgänglich machten. Mit dem Ziel, nachhaltig zu investieren, wurden nahezu alle neu errichteten Einrichtungen so konzipiert, dass sie auch nach den Spielen der Gemeinschaft dienen würden. Das Olympische Dorf beispielsweise bot die Chance, die letzten verbliebenen Baracken im Osten der Stadt zu ersetzen. Auch die Errichtung der Kampfstätten, wie Eisstadion, Sprungstadion und Rodelbahn in Igls, war notwendig.
 
 
Und als hätten es die Organisatoren geahnt, wurden die Piste für die Damen-Abfahrt in der Axamer Lizum am Hoadl sowie die Piste für die Herren-Abfahrt am Patscherkofel so gewählt, dass bereits eine kleine Menge Neuschnee für die Durchführung der Rennen genügte. Eine weise Entscheidung, wie sich kurz vor den Spielen herausstellen sollte. Denn nach dem ersten Schneefall im November kam im Dezember ein unerwarteter Wärmeeinbruch, der den Großteil des Schnees wieder wegschmelzen ließ. Die heiß ersehnte Großveranstaltung war plötzlich aufgrund Schneemangels stark gefährdet.
 
Sofort rückte das österreichische Bundesheer aus, um 20.000 Eisblöcke aus dem Berghang herauszuarbeiten und diese zu den Rodel- und Bobbahnen zu befördern. Zusätzlich transportierten sie 40.000 Kubikmeter Schnee zu den Skipisten und stellten weitere 20.000 Kubikmeter Ersatzschnee als Notreserve bereit. Überhaupt war das Pensum der österreichischen Streitkräfte außergewöhnlich: Insgesamt leistete das Bundesheer im Zuge der gesamten Vorbereitung 960.000 Arbeitsstunden.
 

Großes Medienecho und sportliche Erfolge

Nachdem die kleineren und größeren Probleme bewältigt wurden, fand die Eröffnungsfeier am 29. Januar 1964 wie geplant statt. Und die Feierlichkeiten im Sprungstadion stießen auf großes Medienecho: Neben den 50.000 Zuschauer:innen, die live dabei waren, übertrugen 21 Rundfunk- und ebenso viele Fernsehsender die Eröffnungsfeier in alle Welt. Höhepunkt der Zeremonie war eine Premiere: Erstmals kam bei Winterspielen das Feuer für die Entzündung direkt aus dem griechischen Olympia. Dem ehemaligen Ski-Star Josef Rieder wurde schließlich die Ehre zu teil, das Feuer in der Schale entzünden zu dürfen. Die „Tiroler Tageszeitung“ titelte am nächsten Tag: „Es war dies einer der feierlichsten Momente dieser farbenprächtigen Veranstaltung.“
 

Olympic Heroes

 
 
Auch sportlich hatten die ersten Olympischen Spiele in Österreich einiges zu bieten. Bereits am ersten Wettkampftag stand mit dem Herren-Abfahrtslauf ein richtiges Highlight am Programm, das für Österreich gleich mit der ersten Goldmedaille endete. Über 50.000 Zuschauer:innen trieben Egon Zimmermann den Patscherkofel hinunter und letztlich zum Olympiasieg. Zwei Jahre zuvor krönte sich der Vorarlberger bereits zum Weltmeister. „Weltmeister zu sein, ist schön. Aber Olympiasieger zu sein, ist noch einmal eine Schaufel drauf“, erinnerte sich Zimmermann einmal zurück. Auch die Goldfahrt hatte der 2019 verstorbene Skistar sein ganzes Leben lang präsent: „Ich wollte fliegen, es ging ganz tief in meinen Körper rein und das bleibt einem, ich werde das nie vergessen.“ Karl Schranz, der als großer Favorit in diese Heim-Winterspiele ging, war durch eine Verkühlung stark gehandicapt und musste sich mit Rang elf begnügen. „Ich hatte die Grippe und bin die Abfahrt mit 39 Grad Fieber gefahren“, so Schranz im Interview.
 
 
Bei der Damen-Abfahrt lief es sogar noch besser, führte Christl Haas doch vor Edith Zimmermann und Traudl Hecher einen ÖSV-Dreifacherfolg an. Überhaupt konnte sich die Bilanz der österreichischen Sportler:innen mehr als sehen lassen. Am Ende belegte Österreich (zwölf Medaillen) im Medaillenspiegel hinter der Sowjetunion (25 Medaillen) den zweiten Platz. Für Leni Thurner, die mit ihrer Bronzenen im Rennrodeln ebenfalls einen Beitrag zum erfolgreichen Abschneiden leistete, war die anschließende Siegerehrung im Eisstadion ein richtiges Highlight: „Das war ein großartiger Moment! Danach sind wir in ein Gasthaus gegangen und haben etwas getrunken – den ganzen Rummel wie heute, mit Blitzlichtgewitter und Journalistenmassen, gab es damals noch nicht.“ Generell hätten die Uhren damals ganz anders getickt als heutzutage, erzählte Thurner einst. „Ich habe zu der Zeit als Schreibkraft in der Bezirkshauptmannschaft in Imst gearbeitet. Für die Spiele musste ich mir Urlaub nehmen. Sponsoren gab es damals nicht, und schon gar nicht im Rodelsport.“ Für heutige Verhältnisse unvorstellbar.
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(OlympicChannel)
Unvorstellbar waren auch die Zahlen, die Innsbruck lieferte und damit ein neues, olympisches Zeitalter einläutete. Erstmals in der olympischen Winterspiel-Geschichte pilgerten mehr als eine Million Zuschauer:innen zu den Wettkampfstätten, allein die alpinen Bewerbe zogen über 230.000 Menschen an. Außerdem fand zum ersten Mal eine weltweite Fernsehübertragung der Olympischen Winterspiele statt, über die rund 1.300 Journalist:innen aus aller Welt berichteten. Innsbruck war mit einem Schlag weltbekannt. „Diese Spiele haben Österreich und Tirol den Anschluss an die Welt gegeben. Denn neun Jahre zuvor war Österreich und Tirol noch ein besetztes Land. Plötzlich war es ein internationales Treffen auf sportlicher und freundschaftlicher und nicht auf kriegerischer Ebene. Diese Dimension soll man nicht vergessen“, unterstrich Herwig van Staa, selbst einmal Innsbrucker Bürgermeister und Tiroler Landeshauptmann, zum 50-jährigen Jubiläum der Spiele. Einziger Wermutstropfen: Finanziell waren die Winterspiele ein Minusgeschäft. Denn zwischen 1960 und 1965 wurden rund 107,84 Millionen Schilling (ca. 7,84 Mio. Euro) ausgegeben, inklusive aller Sachaufwendungen. Dem gegenüber standen Einnahmen in Höhe von 83,73 Millionen Schilling (ca. 6,1 Mio. Euro). Angesichts der Strahlkraft, die Innsbruck durch die Ausrichtung der Olympischen Winterspiele erhielt, war der finanzielle Verlust allerdings verkraftbar.

PREMIEREN

• Eröffnung mal anders: Erstmalig fand die Eröffnungszeremonie der Olympischen Winterspiele nicht in einem Eisstadion, sondern in einem Skisprungstadion statt.
 
• Erstmals wurde ein olympisches Feuer aus Olympia für die Winterspiele entzündet: eine Tradition, die bis zu diesem Zeitpunkt nur bei Sommerspielen praktiziert wurde.
 
• Erste weltweite Fernsehübertragung: Die Spiele wurden erstmals in vielen Ländern im Fernsehen übertragen, was die Zuschauer:innen-Zahlen stark erhöhte.
 
• Zuschauer:innen-Rekord: Zum ersten Mal wurden bei Olympischen Spielen mehr als eine Million Zuschauer:innen verzeichnet.
 
• Debüt Rennrodeln: Das Rodeln war zum ersten Mal als offizielle Sportart im olympischen Programm.
 
• Bei diesen Spielen traten zum ersten Mal Athlet:innen aus der Mongolei, Indien und Nordkorea an. Die nordkoreanische Eisschnellläuferin Han Pil Hwa errang sogleich die Silbermedaille im 3.000-Meter-Eisschnelllauf der Damen und sicherte sich damit die erste Winter-Olympiamedaille für ihr Land.
 
• Beim Bobfahren kam erstmalig eine Kunsteisbahn zum Einsatz – ein Novum, das zugleich das Gefahrenpotenzial des Sports erheblich reduzierte.
 
• Einführung neuer Zeitmessverfahren: Bei den alpinen Wettbewerben wurde zum ersten Mal eine Zeitmessung auf Hundertstelsekunden genau durchgeführt. Diese Präzision war bereits bei den später für ungültig erklärten Weltmeisterschaften 1941 angewandt worden, doch nach dem Krieg – mit Ausnahme des Jahres 1954 – kehrte man bei den Laufzeiten der Wettkämpfe erneut zur Messung in Zehntelsekunden zurück. Die Zeiterfassung sämtlicher Wettbewerbe übernahm das „elektronische Rechenzentrum von IBM“.
 
• Erstmals konnte die Schweiz bei Winterspielen keine Medaille erringen.
 
Diese Story stammt aus dem Olympia Report. Weitere spannende Geschichten und Interviews gibt es im E-Paper gleich online zu lesen:
 
Olympia Report Ausgabe 01/2024

GUT ZU WISSEN

• In Innsbruck nahmen insgesamt 1.091 Athlet:innen (199 Frauen, 892 Männer) aus 36 Ländern teil. In Summe fanden 34 Wettkämpfe statt.
 
• Die überragende Sportlerin dieser Winterspiele war Lidija Skoblikowa aus der Sowjetunion, die sich den Sieg in allen vier Eisschnelllaufdisziplinen der Damen sicherte. Somit wurde sie zur ersten Athletin, die bei einer einzigen Winter-Olympiaveranstaltung vier Medaillen errang.
 
• „Zeremonienmeister“ der Eröffnungsfeier war Bundespräsident Adolf Schärf. Der Österreicher Josef Rieder entzündete das olympische Feuer, Landsmann Paul Aste sprach den olympischen Eid.
 
• Sportsmann: Bobfahrer Eugenio Monti unterstützte die Briten Anthony Nash und Robin Dixon auf ihrem Weg zum Olympiasieg, indem er ihnen ein Ersatzteil zur Verfügung stellte; dabei belegten die Italiener selbst den dritten Platz. Für seine Fairness erhielt Monti als Erster die „De Coubertin-Medaille für Sportlichkeit“.
 
• Zur Beförderung der Athlet:innen und Offiziellen zu den Wettkampforten setzte man einzig auf Busse der Marke Magirus-Deutz. Diesen Zuschlag erhielt Magirus-Deutz vom Olympischen Komitee unter anderem aufgrund der bewährten Zuverlässigkeit ihrer luftgekühlten Motoren bei niedrigen Temperaturen. Während der Spiele waren insgesamt 20 dieser Busse im Einsatz, die etwa 51.000 Personen über eine Distanz von circa 22.000 Kilometern transportierten.
 
• In Tirol blieben die Schulen während der Zeit geschlossen, insbesondere jene in Innsbruck und der näheren Umgebung, da sie zur Unterbringung von Personen genutzt wurden, die anlässlich der Winterspiele angereist waren, um in irgendeiner Form Arbeitsleistungen zu erbringen.
 
• Insgesamt wurden 1.164 Journalist:innen aus 34 verschiedenen Ländern und 346 Techniker:innen für die Akkreditierung zugelassen.
 
• Unter den Zuschauer:innen vor Ort waren auch der Schah von Persien, die niederländische Königin Juliane, etliche weitere Angehörige aus europäischen Königshäusern und viel Prominenz aus aller Welt.
 
• Die Spiele wurden kurz vor Beginn von zwei tragischen Ereignissen überschattet. Der erst 19-jährige Australier Ross Milne kam im Training für die Abfahrt am Patscherkofel von der Strecke ab und prallte gegen einen Baum. Milne erlag noch auf dem Weg ins Krankenhaus seinen Verletzungen. Ebenfalls zu Tode kam Kazimierz Kay-Skrzypecki. Der britische Rennrodler verunglückte während eines Trainingslaufs auf der Igler Rodelbahn tödlich. Nach diesen erschütternden Unfällen wurden die Fahnen im ganzen Land auf Halbmast gesetzt.
 

Aktuell

 

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