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"Fast schon unsterblich gefühlt"

Freitag, 5. Januar 2024 / Gangwon 2024

Am Donnerstagabend wartete ihm Rahmen des Kick-Off-Events für die Olympischen Jugendspiele in Gangwon auf das Youth Olympic Team Austria mit dem „Chat with Champion“ noch ein wahres Highlight. Nicole Schmidhofer kam ins JUFA-Hotel Salzburg City um den zahlreichen Athlet:innen von ihren persönlichen Erfahrungen aus der Welt des Spitzensports zu berichten. Die Super-G-Weltmeisterin gab den rot-weiß-roten Talenten auch viele Tipps und Tricks mit auf den Weg und sprach über die schweren Momente ihrer Karriere.

„Nici“ Schmidhofer über …

ihre Goldmedaille bei der Ski-Weltmeisterschaft 2017 in St. Moritz: „Wenn ich mir heute meinen Lauf von damals ansehe, bekomme ich immer noch Gänsehaut – ein unglaubliches Gefühl. An diesem Tag war keine Spur von Nervosität zu spüren. Ich habe schon beim Aufstehen gewusst, heute wird ein besonderer Tag, heute hole ich meine Medaille. In St. Moritz habe ich mich schon immer sehr wohl gefühlt. Ich bin am Weg zum Start sogar den falschen Hang hinuntergefahren bin und die Zeit bis zum Start wurde dadurch etwas knapp – auch das hat mich nicht aus der Ruhe gebracht. Rückblickend gesehen, möchte ich an diesem Tag nichts ändern. Es war gut, so wie es war! Außer vielleicht, dass ich mich gerne selbst aus dem Starthaus geschrien hätte (lacht/Anm.). Beim Fahren war dann alles leicht und ist mit großer Freude passiert. Ich spürte die Geschwindigkeit nicht und habe gemerkt, wie ich die Schwünge perfekt getroffen habe. Es war egal, was ich gemacht habe, alles hat perfekt funktioniert! Die großen Favoritinnen auf den WM-Titel sind bereits vor mir gefahren und als meine Zeit im Ziel auf der Anzeigentafel grün aufleuchtet ist, sprühten die Emotionen nur so aus mir heraus. Ich habe mich fast schon unsterblich gefühlt. Emotionen, wie diese, durfte ich nur ein weiteres Mal erleben. Das zeichnet den Sport aus.

… das zweite Mal, an dem sie die Emotionen überkamen: „Das zweite Mal habe ich mich bei meinem Comeback nach meiner schweren Verletzung unsterblich gefühlt. Mir haben damals alle Expert:innen gesagt, dass ich nie wieder auf Ski stehen werde und froh sein könnte, wenn ich wieder normal gehen kann. Stur wie ich bin, wollte ich das nicht akzeptieren und habe gemeinsam mit meinem Team extrem hart an meinem Comeback gearbeitet. Als ich dann zum ersten Mal wieder auf Ski stand – natürlich noch weit vom Renntempo entfernt – kamen diese Emotionen wieder in mir hoch. Diese Erinnerungen blieben einem einfach im Kopf.“ 

… ihre Zeit im Junior:innenbereich: „Ich hatte 2007 ein unglaubliches Jahr. Ich wurde als eine der jüngsten Teilnehmer:innen für die Junioren-Weltmeisterschaft in Zauchensee nominiert, zählte aber sicher nicht zu den Favoritinnen auf die Medaillenränge. Diese Plätze waren für die Älteren reserviert, aber denen bin ich ganz schön um die Ohren gefahren und konnte vier Medaillen gewinnen. Im selben Jahr wurde ich nach nur vier Europacup-Rennen in den A-Kader aufgenommen und war mit 17 Jahren Teil des Nationalteams. Dieser Schritt ist rückwirkend betrachtet zu früh gekommen, aber wenn der Cheftrainer anruft, dann kann man nicht nein sagen. Plötzlich war ich im Team mit Olympiasiegerinnen, Weltmeisterinnen und Europameisterinnen und dachte mir: ‚Die brenne ich jetzt auch alle her‘. Es sollte anders kommen. Ich nahm die Unterstützung meiner routinierteren Teamkolleginnen nicht an und das sollte mir auf den Kopf fallen. Das würde ich heute definitiv anders machen.“

… die Maßnahmen, die sie ergriff, um mit dem Nationalteam mithalten zu können: „Das Training mit dem Nationalkader ist mir anfangs wirklich sehr schwergefallen. Das waren alles Maschinen und ich bin nie aus dem Übertraining herausgekommen. Ich musste also meinen eigenen Weg gehen und habe mir damals privat jemanden gesucht, der mit mir daran arbeitet, meinen Trainingsrückstand wettzumachen. Meine Ausdauer war einfach zu schlecht – ich habe 16 Jahre im Weltcup-Zirkus verbracht, und das Radfahren vermisse ich am wenigsten (lacht/Anm.). 

… ihren unkonventionellen Weg an die Weltspitze: „Skifahren war schon immer meine große Leidenschaft und ich hatte bei mir zuhause immer die Möglichkeit, dieser Begeisterung nachzugehen. Ich musste nie Skifahren, aber habe es immer gewollt! Und dann kam ein Vereinstrainer auf mich zu und fragte, ob ich an einem Rennen teilnehmen wolle. Da war ich sofort dabei! Ich wollte zu dieser Zeit noch Masseurin werden und besuchte eine Fachschule, während meine Kolleginnen in Sportschulen viel mehr Zeit mit dem Skifahren verbringen konnten, als ich. Ich kann mich noch erinnern, dass mein Vater zu mir gesagt hat, dass ich meinen eigenen Weg gehen soll – und das habe ich auch getan. Ich habe meine Schule fertig gemacht und mich danach entschieden, dem Skisport ab diesem Zeitpunkt alles unterzuordnen. Der Rest der Geschichte ist bekannt!

… ihre erste Teilnahme an Olympischen Spielen: „Ich durfte 2010 als sehr junge Sportlerin mit zu den Olympischen Spielen nach Vancouver fahren. Olympische Spiele sind eine andere Hausnummer, das beginnt beim Leben im Olympischen Dorf und endet beim Rundherum. Der Spirit ist ganz anders als bei Weltcup-Rennen, aber man kann sich darauf vorbereiten. Und wenn du erfolgreich sein möchtest, musst du damit umgehen können. Solche Erlebnisse vergisst man nie!“

… ihre weiteren Olympia-Erlebnisse: „Nach Vancouver durfte ich noch zweimal zu Olympischen Spielen fliegen. 2014 und 2018. In Sotchi habe ich mich qualifiziert, war auch vom Kopf her bereit, um mit der Spitze mitzufahren, aber dann bin ich mit dem ersten Flieger heim. Seit damals weiß ich, dass der Spruch vom Dabei sein ein Vollschas ist. Es geht ja auch keiner fünf Jahre in die Schule, um bei der Matura dann nicht mehr dabei zu sein.“

… die Lockerheit, die es braucht, um Medaillen zu gewinnen: „St. Moritz war wie eine zweite Heimat für mich, das Olympische Dorf war mir eher fremd. Ich konnte damals nicht gut mit Veränderungen und Neuem umgehen. Auch etwas, dass ich heute anders machen würde: Ein Mentalcoach wäre die Lösung für dieses Problem gewesen. Mir hat die nötige Lockerheit gefehlt. In St. Moritz habe ich gewusst, dass nichts schief gehen kann, bei meinen Olympia-Teilnahmen nicht. Das war der größte Unterschied und ist auch der Grund, warum Großveranstaltungen ihre eigenen Regeln haben und es dort immer wieder „Überraschungen“ gibt. Wer an Tag X am flexibelsten ist, der macht das Rennen. Dabei können einfache Rituale helfen, seien sie noch so banal.“

… ihren Anspruch an sich selbst: „Ich habe nie mit dem Ziel trainiert, zu gewinnen. Für mich war wichtig, besser als zuvor zu sein. Ich habe oft mit einem achten Rang abgeschwungen und war absolut zufrieden, weil ich wusste, dass nicht mehr drin war. Es gab aber auch Situationen, in denen ich mit einem „schlechten“ Lauf auf Rang drei gefahren bin und ganz und gar nicht zufrieden war.“

… ihre erste konstante Weltcup-Saison: „2019 ist mir zum ersten Mal alles so aufgegangen, wie ich es mir vorgestellt habe. Ich war die gesamte Saison nicht nervös – so muss sich ein Hirscher oder eine Shiffrin gefühlt haben. Und ohne Nervosität fährt es sich auch gut. Das möchte ich euch mitgeben: Schaut euch ein Foto an, wo ihr von euch selbst überzeugt wart und ein Foto, wo ihr an euch gezweifelt habt – ihr werdet den Unterschied bemerken. Euer Auftritt macht extrem viel aus. Gut, dass ihr vom ÖOC so eine schöne Ausstattung bekommen habt (lacht/Anm.).

… den Willen, immer zurückzukommen: „Aufgeben war bei mir nie eine Option. Ich bin 2012 aus dem A-Kader geflogen, weil meine Leistung nicht gepasst hat. Ich habe damals noch nicht überrissen, wie wichtig das Training ist. Damals ist eine Welt zusammengebrochen, aber rückwirkend betrachtet war es eine wertvolle Erfahrung. Ich habe an meiner Einstellung gearbeitet, meine Trainingsmoral verbessert und mich zurückgekämpft!“

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